Kloster- und Lateinschulen konfessionsgebundener Prägung existierten in Kitzingen bereits im Mittelalter. Am 15.06.1871 beschließt der Kitzinger Magistrat die Gründung einer „allgemeinen, confessionslosen, vollständigen Lateinschule“, die am 29.01.1872 mit vier Klassen und zwei Lehrkräften in der Gewerbeschule am Falterturm den Unterricht aufnimmt.
1891 tritt Armin Knab (1881-1951) in die Schule ein. Nach der Schule studierte er Musik- und Rechtswissenschaften, in denen er später promoviert. Beruflich wirkte er als Amtsrichter in Kitzingen und Nürnberg. Einen Namen machte er sich als Liedkomponist, Verfasser von Chorwerken und musiktheoretischen Schriften. Ab 1934 war er Professor für Theorie und Komposition an der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin.
Charakter, Bezeichnung und Räumlichkeiten der Schule ändern sich in den folgenden Jahren immer wieder, nicht zuletzt durch die Wirrungen des Krieges.
Am 13.06.1960 findet der erste Spatenstich zur Errichtung des Schulgebäudes am heutigen Standort im Mühlberggebiet statt. Am 04.09.1962 wird der Schulbetrieb in der neuen Schule zunächst nur für Jungen aufgenommen.
Die Namensverleihung zum Armin-Knab-Gymnasium erfolgt am 14.03.1966. 1969 werden das städtische Mädchengymnasium und die Städtische Realschule für Mädchen ins AKG eingegliedert. 1984 erfolgt eine erste Generalsanierung, die vor allem Fenster, Außenfassade und eine Dachsanierung umfasst. In den folgenden Jahren werden immer wieder Möbel und Schulausstattungsgegenstände erneuert und modernisiert. 2010 wird eine weitere Generalsanierung umgesetzt, die zu einer Erweiterung des Schulgebäudes führt.
Heute bietet das AKG seinen Schülerinnen und Schülern ein modernes, buntes und hervorragend ausgestattetes Schulhaus. Derzeit besuchen etwa 1100 Schülerinnen und Schüler das AKG. Das Einzugsgebiet umfasst Stadt und Landkreis Kitzingen sowie einige Ortschaften aus dem Landkreis Würzburg. Begrenzt wird das Gebiet durch Schnepfenbach im Norden, Unterickelsheim im Süden, Rottendorf im Westen und Castell im Osten.
Auf den nachfolgenden Unterseiten werden die verschiedenen Facetten von Knabs Leben vorgestellt.
Eine Schule gibt es in Kitzingen schon 1000 Jahre, doch erst seit 1924 ist es möglich, in Kitzingen das Abitur abzulegen. Im Jahre 1966 wurde die bis dahin namenlose Schule in Armin-Knab-Gymnasium umbenannt. Knapp 50 Jahre nach dieser Umbenennung allerdings ist die Persönlichkeit Armin Knab (1881 – 1951) den meisten Kitzingern aber mehr oder weniger unbekannt. Das P-Seminar Deutsch/Schulradio 2012/2014 hat sich vorgenommen, dies zu ändern. Ein Radiofeature soll interessierten Hörern den Namensgeber unserer Schule vorstellen.
Armin Knab wurde am 19. Februar 1881 in Neuschleichach (Unterfranken) geboren. Sein Vater Georg Franz (1852-1926) und seine Mutter Barbara Carolina (1854-1927) hatten im Jahre 1877 in Arnstein geheiratet, der ältere Bruder Karl August war 1887 ebenfalls in Neuschleichach (Unterfranken) geboren worden. Die Familie zog schon bald nach Armin Knabs Geburt nach Kitzingen um, da der Vater hier eine Anstellung als Lehrer und Leiter des katholischen Singknaben-Alumnats gefunden hatte.
Knab verlebte in der Wohnung im Schulhaus eine relativ glückliche Kindheit, sein Vater brachte ihm schon in frühen Jahren das Klavierspielen bei.
Nach der Grundschulzeit besuchte er die Lateinschule in Kitzingen. Hier erwies er sich als intelligenter und aufmerksamer Schüler, sein Zeugnis der ersten Klasse (1891-1892) zeigt ausschließlich sehr gute Leistungen:
Sein Abgangszeugnis nach der sechsten Klasse (1896/97) weist neben sehr guten Leistungen in Religion, Griechisch, Französisch, Geschichte und Turnen gute Leistungen in Deutsch, Latein und Mathematik auf.
Mit diesen Ergebnissen konnte er in den folgenden drei Jahren das Königlich Neue Gymnasium in Würzburg besuchen.
In seinem Abiturzeugnis (damals noch Gymnasial-Absolutorium genannt) werden ihm außer im Fach Griechisch ausschließlich sehr gute Leistungen attestiert:
Bei der Abiturfeier am 14. Juli 1900 war Knab nicht nur maßgeblich an der musikalischen Ausgestaltung des Abends beteiligt, er hielt auch die Abiturientenrede seines Jahrgangs.
Nach dem Abitur studierte Knab ab dem Wintersemester 1900/01 an der Würzburger Universität, im Sommersemester 1902 in München und danach wieder in Würzburg Rechtswissenschaften. Daneben besuchte er auch Vorlesungen und Seminare in Ästhetik, Deutscher und Bayerischer Geschichte, Neuenglisch, Literatur, Psychologie, Logik und Nationalökonomie. Zudem war er in Musikwissenschaften eingeschrieben. Im Juli 1904 legte er das erste juristische Staatsexamen ab.
Anschließend widmete sich Knab seiner Dissertation, die 1905 an der Würzburger Universität vorgelegt wurde. Auf 35 Seiten befasste er sich mit der verwaltungs-rechtlichen Frage der „Zeitweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges bei Verfolgung von Ansprüchen gegen den Fiskus nach Art. 2 bayer AG zur CPO und KO“.
Der juristische Vorbereitungsdienst (Referendariat) erfolgte in den Jahren 1905 bis 1907 in Kitzingen, Augsburg und Würzburg. Knab sammelte hier Erfahrungen im Verwaltungsdienst, bei Gericht, in der Staatsanwaltschaft und in einer Rechtsanwaltskanzlei. Das zweite juristische Staatsexamen folgte 1907. Knab schnitt unter allen Absolventen Bayerns als Sechstbester ab.
Seine guten Ergebnisse im zweiten juristischen Staatsexamen brachten Armin Knab 1908 eine Berufung an das bayerische Justizministerium in München ein, er gab diese Anstellung allerdings 1911 auf und wählte den Richterberuf. Zunächst war er in Vilshofen, ab 1913 dann in Kitzingen als Amtsrichter tätig. Später folgte er Berufungen an die Gerichte in Rothenburg o.d.T. (1913), Fürth (1926) und zuletzt Würzburg (1927).
Er schob seinen Wunsch, Musiker zu werden, zu Gunsten des Gelderwerbs notgedrungen beiseite und gab sich der für ihn sehr belastenden juristischen Tätigkeit hin. Dies verursachte bei ihm eine psychische Krise.
„Bereits im April 1916 gab Knab ein Inserat in mehreren Tageszeitungen auf :
Nervenleidender (Herzneurose) mit Scheu vor Alleinreisen, Alleinsein an fremden Orten, menschenleeren Gegenden sucht Beseitigung dieser Zustände durch pers. Einfluß eines energ. Arztes.“
Obwohl er notierte, unzählige Zuschriften auf dieses Inserat erhalten zu haben, scheint kein Arzt tatsächlich in der Lage gewesen zu sein, Abhilfe zu schaffen. Immer wieder musste Knab seine berufliche Tätigkeit für Kuraufenthalte, meist in Bad Wörishofen, unterbrechen. In Vorbereitung auf einen dieser Klinikaufenthalte verfasste Knab einen Krankheitsbericht:
„Bei Geburt schwächlich. Bald danach Abszeß auf der linken Brustseite, davon noch heute starke Narben an der Brustmuskulatur. Kindheit, Volksschule: schwächlich, blutarm, viel Husten. Mit etwa 11 Jahren Herzkrämpfe nach blähenden Speisen, Herzbeschwerden bei Turnen und Laufen. 13 – 17 Jahre völlig gesund außer Katarrhen, Husten. Nie Infektionskrankheiten. Ständig sehr gute Fortschritte, regste geistige Entwicklung. Mit 16 Jahren nach Würzburg aufs Gymnasium. Beginnendes Erwachen der Persönlichkeit, sehr viel Lektüre Musik, erste Männlichkeit. Mit 18 Jahren dann beginnende Nervosität, ein Jahr lang quälende Darmstörungen (schmerzhafter Durchfall fast täglich), durch Luftveränderung sodann beseitigt; zurück blieb große Nervosität, Melancholie, Krampfanfälle in der Oberklasse. Hypochondrie, Angst vor Krankheiten usw. Universitätszeit: Eintritt ins Leben, Freundschaften, sehr viel Muße, allmähliches Vergessen der früheren Krankheit; nach und nach völlige Gesundheit, ich fühlte mich gesund, leistungsfähig, gar nicht nervös. Sehr viel Musik, fast als Hauptberuf. Sehr gute Examina. Mit 23 Jahren Dr., Aufführung musikalischer Kompositionen Rechtspraktikantenzeit (23 – 26. Jahr) z.T. glänzende Zeiten. Intensivstes Lebensgefühl, größte Teilnahme am Leben, Kunst, Natur. Gebirgstour, Reise nach Italien, glückliche Liebe, sehr reiche musikalische Produktion (Lieder!) Sehr viel in München, viel auf der Bahn. Mit 26 Jahren: Staatskonkurs, äußerst anstrengend. Resultat: der 6te unter 330 Durch kurzes intensives Studium. Nach Konkurs Reise nach Wien um Musik zu treiben. Erholungsreisen, Ausruhen seit vielen Jahren nie. Angst vor praktischem Lebensberuf (Jurisprudenz), der mir die Musik zu sehr beschneiden würde. Infolge zu guter Note dann bald Berufung nach München zu anstrengender Tätigkeit. Steigende Hoffnungslosigkeit, zunehmende Willensschwäche, zuletzt völliges sich Treiben lassen. Herzbeschwerden, Treppensteigen anstrengend, Geist müd und oft ganz dumpf, kaum mehr orientierungsfähig. Endlich völliger Zusammenbruch. Sodann 1 Jahr äußerst schwer krank zuhause. Große Krampfanfälle, die zu Asthmaanfällen wurden (rein nervös, Lunge gesund), Dauer 4, 6 – 10 Stunden. Atemfrequenz: ca 160 in der Minute. Puls klein, aber normal; intensivste Selbstbetrachtung. Nahrungsaufnahme gering, Stuhlgang 7 Monate lang künstlich. Ständig im Bett, größte Körperschwäche. Dann 5 Monate Sanatorium: wieder zum Menschen werdend. Seitdem nicht mehr gesund geworden. Nach einem Jahr Anstellung als Amtsrichter in Vilshofen. Posten war zu arbeitsreich. In zwei Winter Rückfälle jedoch ohne eigentliche Krampfanfälle, sondern ständiges Herzklopfen, Angstgefühle, Unfähigkeit in der Sitzung länger zu sprechen. Beide Mal bedeutende Besserung nach ein- bis dreimonatigem Ausspannen. Sodann Versetzung nach Rothenburg. Erstes Jahr günstig und fortschrittlich. Sommer in Nauheim. Zweites Jahr 1914: sehr fortschrittlich, dann im Sept. 1914 Rückfall. Ursache: kein Urlaub infolge Kriegs; direkte Ursache: 3 anstrengendere Spaziergänge mit Steigungen in einer Woche, nach dem letzten einstündiges Klavierspiel vor Zuhörern: Folge: Herzkollaps. 3 Wochen liegen, sodann sehr langsames Aufkommen, sehr ängstlich usw.
Gegenwärtiger Zustand (Febr. 1915:): Seit Jahren ist Hauptaugenmerk auf das Herz gelenkt. (Fußnote: Pulsfühlen nur schwer abzugewöhnen.) Organische Fehler von den sehr vielen Ärzten der letzten Jahre nie gefunden. Wohl aber scheint außer Nervosität des Herzens eine Muskelschwäche vorzuliegen, da ich beim Steigen, längerem Sprechen, Musizieren rasch ermüde, dh. das Herz ermüdet, zu einer Müdigkeit der Beine kommt es bei mir nie, weil das Herz immer schon eher versagt. Meine Muskulatur ist gut ausgebildet, ich sehe blühend aus, die Haut ist gut organisiert (ich war 4mal mit sehr gutem Erfolg in Wörishofen und mache fleißig kalte Waschungen). Alle Organe scheinen gesund. Keine Magen- oder Verdauungsbeschwerden. Infolge der Herzgeschichten ist aber mein Seelenleben sehr beeinträchtigt. Ich neige zu Angst. Seit meiner schweren Erkrankung bringe ich es nicht mehr fertig, allein etwas weitere Spaziergänge zu machen, die Angst führt natürlich die Herzbeschwerde direkt herbei, auch reise ich nie allein an Orte, wo ich unbekannt bin (trotz größter Reisesehnsucht), konnte früher kaum allein reisen, rege mich auch jetzt noch dabei auf, hänge sehr von den Menschen ab, mit denen ich umgehe. Ich glaube jedoch, wenn auf mein Herz mehr Verlaß wäre, dass auch die Seelenstörungen verschwinden würden. Besuche, Erwartung angekündigter Ereignisse usw. regen mich auf. Lust und Wille gesund zu werden ist vorhanden.“
Am 9. April 1934 heiratete Armin Knab in der Münchener Johann-Nepomuk-Kirche seine langjährige Lebensgefährtin Henriette Pauline Charlotte Herrmann, genannt Paula Yvonne.
Seine Ehefrau war am 28. August 1892 in Paris geboren, entstammte aber einer Würzburger Tänzerfamilie. Sie hatte in den Zwanziger Jahren das Tanzatelier ihrer Eltern in Würzburg übernommen. Knab schrieb auf ihre Bitte mehrere Musikstücke für ihren Ballettunterricht. Die Ehe blieb kinderlos.
Etwa zur gleichen Zeit trat Knab als Landgerichtsrat krankheitshalber in den Ruhestand.
Zeitgleich mit seiner Tätigkeit als Jurist hatte sich Armin Knab als Komponist von Liedern in der Jugend- und Schulmusikbewegung einen Namen gemacht. Kurz nach seiner Pensionierung bekam er im Mai 1934 das Angebot, als Lehrer für Musiktheorie an der Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik in Berlin-Charlottenburg zu unterrichten. Dieses Angebot war aus heutiger Sicht recht überraschend, da er zwar Musik studiert, aber keinen Abschluss gemacht hatte. Knab profitierte wohl hier von der kurz zuvor erfolgten Arisierung der deutschen Hochschulen durch die Nationalsozialisten.
Doch obwohl sich Knab nun erstmals in seinem Leben ausschließlich auf die Musik konzentrieren konnte, war er mit seiner Tätigkeit an der Hochschule schnell unzufrieden. Im Juli 1935 konstatierte er erneut körperliche Beschwerden, die er auf die hohe Arbeitsbelastung infolge der „Examensaustragung“ zurückführte. Zusätzlichen Stress verursachte sein kompositorisches Mitwirken an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Berlin 1936 mit der Komposition „Heiliges Ziel“. Daher musste er aus gesundheitlichen Gründen auch in seiner neuen Tätigkeit häufiger Arbeitspausen einlegen.
Gleichwohl scheint die Berliner Zeit für Knab und seine Frau eine recht glückliche Lebensphase gewesen zu sein: Sie empfingen, wie ihr Gästebuch deutlich zeigt, häufig Besuch in ihrer Wohnung in der Meiningenallee 3 in Berlin-Charlottenburg. Zudem verbrachten sie immer wieder ein paar freie Tage in Österreich oder der fränkischen Heimat.
Im September 1943 wurde die Berliner Wohnung Knabs durch einen alliierten Bombenangriff zerstört. Die Knabs hatten schon in den Wochen zuvor ihr Hab und Gut größtenteils zurück nach Würzburg schaffen lassen. Zum Zeitpunkt des Angriffs hielten sie sich ebenfalls in Würzburg auf. Knab kündigte unmittelbar darauf seine Stellung an der Musikhochschule und zog zurück nach Würzburg in die Hindenburgstraße 25.
Bei der Bewertung des Verhältnisses von Armin Knab zum Nationalsozialismus spricht vieles zu seinem Gunsten: Er wurde mehrfach nachdrücklich aufgefordert, Hitlers NSDAP beizutreten, aber er tat es trotzdem nicht. Er hat im Dritten Reich ganz allgemein keiner nationalsozialistischen Organisation außer der Reichskulturkammer und der Reichsmusikkammer angehört, aber das war für einen Komponisten Pflicht (Freilich wurde seine Aufnahme in die Akademie der Künste am 15. Juli 1937, übrigens gemeinsam mit dem berühmten Dirigenten und Komponisten Wilhelm Furtwängler, von der nationalsozialistischen Presse enthusiastisch gefeiert. So schreibt die Frankfurter Zeitung: „Ausgeschieden ist bereits der größte Teil von Mitgliedern einer vergangenen Kunstepoche, die einer nationalsozialistischen Neubelebung der Akademie nicht im Wege stehen wollten. Die in der Akademie Verbleibenden werden, um jüngerem Nachwuchs Platz zu machen, zum Teil in eine inaktive Gruppe übergeführt.“) Es gibt keinerlei belegte positive Äußerung oder Sympathiebekundung zu irgendeiner nationalsozialistischen Person oder allgemein politischen Maßnahme der Nazis. Bei der Verleihung des Max-Reger-Preises 1940 hat ihn der Würzburger Gauleiter Otto Hellmuth nicht einmal erkannt. Beim Festakt im Renaissancesaal des Würzburger Rathauses am 19. Dezember 1940 sollte dieser eine Laudatio auf Knab halten. Yvonne Knab vermerkt in ihren Notizen dazu: „ Ein menschliches, unfeierliches kleines Vorspiel dazu genoß Armin amüsiert, wie alle ähnlichen Geschehnisse: Vor Beginn des Festaktes sind Gauleiter und mit anderen ,Mitwirkenden‘ der vom Gauleiter nicht gekannte oder nicht erkannte Armin Knab in einem Raum wartend versammelt. Der Gauleiter läuft nervös umher, das Konzept seiner Rede in der Hand und sagt zu den Umstehenden: ,Ich kann nicht helfen, ich hab halt immer einen Bammel vor so was.‘“ Bei seiner Entnazifizierung wurde Knab als „Nicht belastet“ eingestuft. Nein! Ein Nazi war er ganz sicher nicht!
Andererseits: Es gibt eben auch keinerlei belegte negative Äußerung oder Antipathiebekundung zu irgendeiner nationalsozialistischen Person oder allgemein politischen Maßnahme der Nazis. Zudem ist Knab natürlich einer der Gewinner der Arisierung im nationalsozialistischen Kulturbetrieb, denn nur so konnte er als gelernter Jurist eine Professorenstelle an einer Musikhochschule bekommen. Obwohl er in seinen Kitzinger Zeiten nachweislich mit jüdischen Musikern und Juristen private Kontakte pflegte, findet sich in seinen Entnazifizierungsunterlagen keine ihn entlastende Zeugenaussage dieser früheren Freunde und Bekannten“. Nein! Ein Widerstandskämpfer war Knab ebenfalls nicht.
Vielmehr scheint er der Inbegriff des unpolitischen Menschen gewesen zu sein. Er gibt in seinem Fragebogen zur Entnazifizierung selbst an, weder im November 1932 noch im März 1933 überhaupt zur Wahl gegangen zu sein. Politische Ereignisse werden in seinem privaten Tagebuch nur ganz am Rande erwähnt: So findet sich zum Kriegsbeginn im Sommer 1939 nur eine kurze private Notiz im Tagebuch seiner Frau: „Nur der politische Himmel verdüsterte sich in beängstigender Weise und Ende August traten Marianne und ihre Cousinen … fluchtartig die Heimreise an, während Armin und ich … am 26. (!) August doch noch das Unternehmen der lange geplanten Floßfahrt auf der Donau … wagten, trotz schwärzester Radiomeldungen. Ein letztes bisschen Glück sammelten wir noch ein, das allerdings von der dunkelsten Kriegsdrohung tief beschattet war.“ Es ist auch nicht belegt, dass er nationalsozialistischem Gedankengut in den Weg getreten ist. Sein privates Gästebuch in der Charlottenburger Wohnung zeigt zum Beispiel ein hingekritzeltes Hakenkreuz unbekannter Herkunft, welches Knab unkommentiert ließ, aber auch nicht entfernte.
Sein musikalisches Werk weist nach Meinung des Musikprofessors der Musikhochschule Würzburg und Knab-Kenners Holger Berndsen keinerlei stilistische Nähe zu nationalsozialistischer Kunst auf, allerdings konnten die Machthaber seine Werke und wohl auch seinen Namen ungehindert für ihre Zwecke nutzen, da die thematische Nähe der von ihm vertonten Volkslieder zu braunem Geist eben doch vorhanden war. Zudem lehnt er stilistisch genau die Musik ab, die auch die Nazis als „entartet“ bezeichneten. In seiner künstlerischen Rückwärtsgewandtheit wird er wohl so automatisch zum willigen, wenn auch unbewussten Mitstreiter der vorherrschenden Kunstvorstellungen, auch wenn er noch im Mai 1933 in einem Brief an seinen Biografen und Freund Oskar Lang seine Musik als „zu wenig deutschtuend, was heute das Wichtigste ist“, bezeichnet. Auch die Verleihung des schon genannten Max-Reger-Preises interessiert ihn nicht aus weltanschaulichen Gründen, er findet diese Auszeichnung nur angebracht, da er seiner Meinung nach nun mal eben ein großer Musiker war.
Knab sollte wohl am ehesten als unpolitischer Opportunist bezeichnet werden, der den Nazis willig die Hand reichte, als sie ihm die Verwirklichung seines Lebenstraumes, nämlich von der Musik leben zu können, ermöglichten. Da war es ihm auch egal, wessen Platz er dabei einnahm. Allerdings hat er dem System auch nicht zugearbeitet. Diese innere Emigration mag aus heutiger Sicht enttäuschend sein, über Armin Knab deshalb den Stab zu brechen, steht uns Nachgeborenen aber wohl nicht zu. Es dürfte sehr viele Deutsche gegeben haben, die dem Naziregime so oder so ähnlich begegneten – und letztlich haben diese Leute – Leute wie Armin Knab – damit entscheidend zur Durchsetzung von Hitlers totalitärer Herrschaft und all ihren Folgen beigetragen.
Bei der Zerstörung der Stadt Würzburg durch amerikanische Bomben am 16. März 1945 wurde Knabs Wohnung in der Hindenburgstraße 25 in Würzburg völlig zerstört. Die Knabs hatten zwar ihre Wertgegenstände kurz zuvor in das Schloss Wässerndorf in der Nähe von Marktbreit ausgelagert. Dieses allerdings wurde bei Gefechten zwischen den anrückenden amerikanischen Truppen und versprengten Resten der Wehrmacht am 5. April 1945 angezündet. Durch diesen Brand verlor Knab alle seine Instrumente, Bücher, Noten und Akten.
Das nunmehr fast mittellose Ehepaar Knab zog daraufhin zurück in Armin Knabs Heimatstadt Kitzingen in die Paul-Eber-Straße 14/I zur Untermiete bei Freunden. In den folgenden Jahren bewarb sich Knab immer wieder erfolglos um eine eigene Wohnung in Kitzingen bzw. Würzburg. Obwohl er sich dabei auf seine Verdienste als deutschlandweit bekannter Komponist berief, konnte keine der beiden Gemeinden eine adäquate Wohnung zur Verfügung stellen, da der Wohnraum nach den Bombenangriffen sehr begrenzt war und Knab auf einer Bleibe mit eigenem geräumigem Arbeitszimmer bestand.
Knab bewarb sich 1947 an den Musikhochschulen in Stuttgart und München. Die Stuttgarter Hochschule bewilligte einen Lehrauftrag als Dozent für Tonsatz und Komposition mit vier Semesterwochenstunden für 1200 Mark jährlich. Allerdings scheiterte dieses Engagement daran, dass die Hochschule Knab keine Wohnung zur Verfügung stellen kann. Auch in München war die Wohnungssuche erfolglos, sodass Knab letztlich in Kitzingen blieb.
Im Februar 1951 standen die Feierlichkeiten zu Knabs 70. Geburtstag an. Knab war sowohl bei der Feierstunde in Würzburg als auch in Kitzingen anwesend. Knabs Frau Yvonne erinnerte sich später an die Kitzinger Feier:
„Als letzte Knab-Feier kam die Vaterstadt Kitzingen dran … aber nicht das Offizielle und dass Kitzingen bemüht war, gut zu machen, was es versäumt hatte, – Armin hat das auch durchaus anerkannt und sagte danach: „Es soll jetzt gut sein, ich trage ihnen nichts mehr nach“- nicht dass war die Hauptsache, sondern die überaus herzliche, fühlbar herzliche Mitfreude der Kitzinger selbst. Es war ein Augenblick, der mir jäh die Tränen in die Augen trieb, als der ganze überfüllte Saal bei Armins, unserem Eintritt, beim Vorgehen zu unseren Plätzen, in ungestümen Beifall ausbrach. Die ihn kannten, liebten ihn ja, das hatten wir in den Kitzinger Jahren oft genug zu spüren bekommen.“
Diese Zeilen zeigen das zeitweise angespannte Verhältnis Knabs zu seiner Heimatsstadt: Knab warf Kitzingen vor, ihn mit der fehlenden Zuweisung einer angemessen großen Wohnung mit eigenem Arbeitszimmer in seiner Kreativität als Komponist eingeschränkt zu haben.
Die widrigen äußeren Umstände schlugen immer mehr auf Knabs Gesundheit. Er klagte über ein Gefühl der Atemlosigkeit und des Sauerstoffmangels, über Herzrasen und Schlafstörungen. Im Frühjahr 1951 erhielt er schließlich die Zuweisung für eine Wohnung in Würzburg. Im Anschluss an den Umzug begab sich Knab zur Kur nach Bad Wörishofen, verstarb aber schon am ersten Tag, dem 23. Juni 1951, abends gegen 19:30 Uhr. Er wurde am 27. Juni auf dem Alten Friedhof in Kitzingen zu Grabe getragen.
Armin Knab ist besonders für seine Volksliedkompositionen bekannt geworden. Seine zwischen 1905 und 1920 erschienenen Liedzyklen mit Texten aus „Des Knaben Wunderhorn“ sowie vertonte Gedichte von Joseph von Eichendorff machten ihn in deutschen Musikerkreisen einigermaßen bekannt. Er vertonte auch Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Hölderlin und Alfred Mombert. Er interessierte sich in seinen Kompositionen sehr für die Verwendung vergessener Musikinstrumente, komponierte aber auch A-Cappella-Lieder.
Holger Berndsen, der an der Hochschule für Musik in Würzburg Liedgestaltung unterrichtet und als Organisator des Armin-Knab-Liedwettbewerbs ein Kenner von dessen musikalischem Schaffen ist, bewertet die Lieder als „geschrieben in einer Stilistik, die aber aus dem 19. Jahrhundert eigentlich stammt, weil sich Knab den Modernismen seiner Zeit entgegengestellt hat und in einem Stil komponiert hat, der eigentlich zu dieser Zeit nicht mehr in Mode war.“
In der Würdigung seiner Persönlichkeit und seines Schaffens aus Anlass der Verleihung des Max-Reger-Preises 1940 schrieb der Würzburger Generalanzeiger: „Er war sich von vorneherein über seine Schaffensbezirke klar, hatte sich sein bestimmtes, von ihm selbst klar formuliertes Ziel gesteckt und hat es auch in zähem Ringen, unter Anwendung aller zu Verfügung stehenden Möglichkeiten, sowie mit nie erschlaffendem Fleiß erreicht.“ Weiter heißt es: „Knab ist Eklektiker und geht mit feinstem Stilgefühl an seine Liedtexte … Aus der ganz erstaunlichen Fülle seiner chorischen Schöpfungen kann hier nur ganz lose einiges herausgegriffen werden, dabei wäre die Zeit- und Volksnähe und die vaterländische Begeisterung vieler seiner chorischen Kompositionen in den Vordergrund zu rücken.“ Die Würdigung schließt mit der Bewertung: „ Seit Knab nach Berlin übergesiedelt ist, hat sich sein Schaffen in geradezu fabelhaftem Tempo gesteigert. Was das Schöne daran besonders ist, ist, dass er sich selbst immer treu geblieben ist; aus vielen seiner Weisen spricht aber auch fränkische Heimat und fränkische Sonne zu uns und darum wird er in Mainfranken, das seine Heimat geblieben ist, auch besonders geschätzt und verstanden. So bedeutet denn auch der Mainfränkische Musikpreis 1940 den Gruß an den rüstig schaffenden Musenfreund, einen weiteren Ansporn zu neuen Taten und eine Ehre für den Komponisten und Mainfranken zugleich, dessen hohes kulturelles Ansehen durch Knabs Werke eine hochbeachtliche Förderung im weiten deutschen Vaterlande erhält.“
Sicherlich sind diese Äußerungen auch für das Jahr 1940 übertrieben, denn Knab war auch damals kein berühmter Komponist, sondern allenfalls in Fachkreisen bekannt. Mittlerweile werden seine Werke kaum noch aufgeführt, Tonträger mit seiner Musik sind, wenn überhaupt, nur noch antiquarisch zu erwerben. Auch Berndsen muss konstatieren, dass Knabs Wirken keinen Einfluss auf die Weiterentwicklung der Musik im 20. Jahrhundert hatte.
Neben seinem musikalischen Werk betätigte sich Knab gelegentlich auch literarisch: In den 1910er Jahren schrieb er das Buch „Wanderungen und Reisen in Franken“, in dem er seine persönlichen Erlebnisse in und seine Beziehung zu seiner mainfränkischen Heimat zum Ausdruck brachte. Zudem ist ein Sammelband mit seinen musiktheoretischen Schriften unter dem Titel „Denken und Tun“ erschienen.
Armin Knab wurde kurz nach seinem Tod 1951 zum Ehrenbürger Kitzingen ernannt. Die Stadt ehrt ihn durch die Pflege des Ehrengrabes auf dem Alten Friedhof. Zudem gibt es eine Knab gewidmete Abteilung im Stadtmuseum Kitzingen, das auch einen Teil seines Nachlasses beherbergt. (Der weitaus größere Teil seines Nachlasses liegt allerdings in der Bayerischen Staatsbibliothek in München.) Eine Straße im Stadtteil Siedlung trägt seinen Namen. Im Jahr 1966 wurde zudem das damals noch städtische, heute dem Landkreis Kitzingen zugeordnete Gymnasium nach dem Sohn der Stadt benannt. Allerdings war Knab als Namensgeber der Schule nicht erste Wahl, der Stadtrat hatte zunächst einstimmig eine Benennung in Gregor-Mendel-Gymnasium befürwortet. Da aber bereits ein anderes bayerisches Gymnasium diesen Namen trug, entschied sich der Stadtrat schließlich, den Namen eines prominenten Bürgers der Stadt Kitzingen zu bevorzugen. Ebenfalls im Gespräch waren Paul Eber, Richard Rother, Andreas Schmiedel, Konrad Celtis und Johann Rudolph Glauber.
Zur Hundert-Jahr-Feier 1981 organisierte die Stadt Kitzingen eine Reihe von Musik-und Gedenkveranstaltungen zu Knabs Ehren.
Bei unserer Recherchearbeit haben wir uns auf folgende Quellen gestützt :
- Nachlass Armin Knabs (Bayerische Staatsbibliothek München, Stadtmuseum Kitzingen)
- Knab, Armin : Wanderungen und Reisen in Franken. Würzburg 1966
- Knab, Armin : Denken und Tun. Würzburg
- de.wikipedia.org/wiki/Armin_Knab
- Krautwurst, Franz : Armin Knab. In: Komponisten in Bayern, Band 13. Tutzing 1991
- Lang,Oskar : Armin Knab – Ein Meister deutscher Liedkunst. Würzburg 1981
Zudem erhielten wir wertvolle Informationen von unseren Interviewpartnern für unser Radiofeature :
- Doris Badel, Leiterin des Stadtarchivs Kitzingen;
- Prof. Holger Berndsen, Hochschule für Musik Würzburg;
- Dr. Josef Endres, Lehrer am Gymnasium Marktbreit und Historiker;
- Margit Hofmann, Schulleiterin des Armin-Knab-Gymnasiums;
- Dr. Harald Knobling, Lehrer am AKG und bildender Künstler;
- Siegfried Müller, Oberbürgermeister der Stadt Kitzingen;
- Stephanie Nomayo, Leiterin des Stadtmuseums Kitzingen;
- Dietmar Schenk, Leiter des Archivs der Universität der Künste Berlin;
- Dr. Elmar Schwinger, ehemaliger Lehrer des AKG und Historiker.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung !
Ein ebenso herzlicher Dank geht an unsere ideellen und finanziellen Unterstützer:
- der Verein der Freunde des AKG mit seiner Vorsitzenden Astrid Glos;
- unserem Medienpartner „Radio Gong“ Würzburg;
- unserer Schulleitung mit der Direktorin Margit Hofmann.